Die Lebensräume

Neuwerk zeichnet sich durch eine Vielzahl verschiedener Lebensräume aus, welche auf nur drei Quadratkilometern Platz finden und somit unterschiedliche Grundlagen für Brut-, und Rastvögel bieten.
Grob lässt sich die Insel in drei Bereiche unterteilen, welche im Folgenden hier vorgestellt werden:


 

Das Nordvorland:

Das ca. 75 ha große Nordvorland besteht vorwiegend aus ausgedehnten, prieldurchzogenen Weideflächen. Die Vegetation wird somit von Vieh ( Kühe und Pferde) kurz gehalten, wobei einzelne Sträucher knöchel-, bis kniehoch aus den Wiesen herausragen.

Küstenseeschwalbe und Austerfischer an den Brutplätzen im Nordvorland                                            Foto: Stefanie Pfefferli

Wasserläufe ziehen sich durch das gesamte Nordvorland und enden weitverzweigt in kleinen Rinnen oder Löchern.

Am äußersten Rand im Westen und Norden überwiegt extrem kurzrasige Vegetation, welche durchgehend sandige Flächen freigibt.

Durch die Beweidung und die damit verbundene Kurzrasigkeit des Gebiets, bietet das Nordvorland vor allem für Küsten-, Flussseeschwalben, Lachmöwen und Austernfischern Brutareale.
Auf den besagten sandigen Flächen, welche mit Kiesel durchzogen sind, brüten Sandregenpfeifer und einstig auch Zwergseeschwalben.

Lachmöwen bei der Revierverteidigung im Nordvorland                                                                        Foto: Stefanie Pfefferli



Auch für durchziehende Singvögel ist dieser erste Abschnitt des Vorlandes von Interesse: Vor allem im Herbst kommen viele Vögel erschöpft von der hohen See und müssen zwischenlanden, wobei das Nordvorland häufig die erste Möglickeit hierfür darstellt.
So unpassend es auch scheinen mag, kommen an guten Tagen mehrere Zilpzalpe, Dorngrasmücken und Amseln an und landen erstmal auf den sandigen Flächen um sich auszuruhen, bevor sie zur Nahrungsaufnahme in den Innengroden weiterziehen.
Hier wurden auch schon viele besonders seltene Singvögel beobachten: Z.b. eine aus Südeuropa stammende Kurzzehenlerche, ein Nonnensteinschmätzer, welcher normalerweise in Süd-Osteuropa beheimatet ist und unregelmäßige Durchzügler wie Blaukehlchen und Feldschwirl.


Küstenseeschwalbe und Austernfischer beim Brutgeschäft                                                                    Foto: Stefanie Pfefferli







Vor allem von Mai-August bieten die Wasserläufe im Innern einen perfekten Hochwasser-Rastplatz für etliche durchziehende Limikolen (Watvögel): Grün-, Rotschenkel, Flussuferläufer, Dunkle Wasserläufer, Alpen-, Zwerg-, und Sichelstrandläufer sind sehr häufig anzutreffen.
Alljährlich werden in den Wasserlöchern auch Odinshühnchen ( Aug.-Sept.) und Thorshühnchen (Sept.-Nov.) beobachtet.

Odinshühnchen mit Alpenstrandläufer, September 2011, in typischem Hochwasser-Rastplatz             Foto: Maximilian Fader





Die Rasenflächen sind sehr gute Rastplätze für Große Brachvögel, sowie vereinzelt den Regenbrachvogel. Kampfläufer, Pfuhlschnepfen und Sanderlinge werden gelegentlich gesehen, während Gold- und Kiebitzregenpfeifer dauerhaft anwesend sind.
Diese Flächen sind vor allem ab September Massenrastplätze für durchziehende Enten und Gänse. Mehrere Tausend Pfeifenten, hunderte Krick- und Spießenten, einzelne Schnatter- und Löffelenten nutzen das Gebiet um sich auf den Weiterzug vorzubereiten.
Weißwangen- und Ringelgänse sind zu den Zugzeiten ständig mit mehreren hundert Exemplaren vertreten.
Auch diese Wiesenflächen wurden bereits Kulisse für spektakuläre Beobachtungen: 2007 wurde ein Spitzschwanz-Strandläufer von mehreren Beobachtern gesehen und fotografiert. Diese Art wurde zuvor noch nie in Deutschland festgestellt. Zeitgleich anwesend waren ein aus Nordamerika stammender Grasläufer, sowie ein Mornellregenpfeifer.

Das Nordvorland ist immer für ornithologische Überraschungen gut, bietet jedoch vor allem von Anfang April bis Ende November konstant anwesende Vogelmassen, wobei im Frühjahr Brut-, und im Spätsommer/Herbst die Rastvögel überwiegen. Es ist somit als Abstecher für Inselbesucher unerlässlich!

 

Das Ostvorland:

Das Ostvorland besteht vorwiegend aus einer prieldurchzogenen Salzwiese mit typischen Pflanzen wie Strandwehrmut, Queller, Strandflieder und Strandaster.
Ehemalig wurde es beweidet, ab 2003 jedoch wieder der Natur überlassen, was die Vegetation nun teilweise hüfthoch wachsen lässt.
Blick über das Ostvorland, von Süd-Ost, Richtung Leuchtturm                                                              Foto: Stefanie Pfefferli








Sturmfluten überschwemmen jährlich die Salzwiese und tragen viel Pflanzenmaterial ab, was zu kahleren Stellen führt, welche gerne von Brandseeschwalben als Brutplatz genutzt werden.
Lach-, und weitere Arten wie Mantel-, Herings-, und Silbermöwen nutzen die höhere Vegetation.
Eine Besonderheit ist ein Brutpaar der Schwarzkopfmöwe, welches sich vor einigen Jahren unter die anderen Möwen gemischt hat.


Ein Blick in die Brandseeschwalben-Kolonie im Ostvorland                                                                   Foto:Stefanie Pfefferli



Ähnlich wie im Nordvorland bieten im Sommerhalbjahr die Wasserläufe und Schlickbänke ausgezeichnete Rastplätze für etliche Watvögel, welche sich bei Hochwasser auf die Insel zurückziehen, während im Herbst vor allem Pfeif-, Krickenten und Brandgänse die Charaktervögel darstellen.
Austernfischer rasten vor allem im Winter mit mehreren Tausend Exemplaren genauso wie Lachmöwen ( Sommer) und Große Brachvögel ( Herbst).

Auch für Greifvögel ist das Ostvorland sehr interessant. Der Wanderfalke lässt sich regelmäßig mit Beute auf der Ostbake beobachten, während der Turmfalke nur ein unregelmäßiger Gast ist.
Rohr-, und Kornweihen sind zu den Zugzeiten häufig anzutreffen, sowie Sumpfohreulen, welche vor allem im Herbst durchziehen. Raufußbussarde sind von Oktober-April gängig.

Die höhere Vegetation wird vom Wiesenpieper als Brutplatz genutzt, sowie von der Feldlerche.
Vor allem im Spätherbst bietet das Ostvorland Rastmöglichkeit für seltenere nordeuropäische Vogelarten: Berghänflinge und Ohrenlerchen sind meist in kleinen Trupps anzutreffen, was auch für die Schneeammern gilt. Selten lassen sich in diesen Trupps auch einzelne Spornammern ausmachen.


 

Innengroden:

Neben nahezu sämtlichen Gebäuden bietet der ca. 83 ha große Innengroden ( eingedeichter Bereich)  die einzigen Baumbestände Neuwerks, sowie viele Weideflächen, welche häufig durch Hecken voneinander getrennt sind.
Sowohl für Brut-, als auch für Zugvögel bietet der Innengroden wichtige Areale.

Pferdekoppel, im Hintergrund das Leuchtturmwäldchen                          Foto: Milena Kreiling

Die Wäldchen und Baumgruppen vor allem um die Turmwurt und im Nordteil des Innengrodens, bieten für viele interessante Singvögel Brutmöglichkeiten. Neben sehr gängigen Arten wie Rotkehlchen und Zaunkönig, kommen hier auch seltenere Brutvögel wie Sumpfrohrsänger und Gelbspötter vor. Ein Highlight ist der in den letzten Jahren konstant brütende Karmingimpel.

Die kleinen Teiche werden von Blässhuhn und Löffelente als Brutplatz genutzt, das umgebende Schilf von Teichrohrsängern.

Vor allem während der Zugzeiten bieten die Buschreihen herausragende Rastmöglichkeiten für verschiedenste Grasmücken, Laubsänger ( u.a. alljährlich Grün-, und Gelbbrauen-Laubsänger!),
Rohrsänger und Finken.
An sehr guten Zugtagen lassen sich häufig hunderte Rotkehlchen und Amseln auf nur kleiner Fläche beobachten.

Auf den feuchten Weiden und in den Wassergräben brüten Kiebitz, Rotschenkel und Brandgans.

Bei starken Sturmlagen bietet der Innengroden Schutz vor den Böen was, vor allem im Herbst, viele Vögel dazu veranlagt dort Schutz aufzusuchen: Mehrere Tausend Große Brachvögel stehen dicht an dicht auf den Feldern, dazwischen tummeln sich Steinwälzer, Goldregenpfeifer und Alpenstrandläufer.